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23.05.2023 | Industrie 4.0 | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Wie das Datenökosystem in der Industrie 4.0 aufgebaut ist

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Gaia-X, Datenraum, Manufacturing-X, Verwaltungsschale, OPC UA – in der Industrie 4.0 wirken unterschiedliche Technologien zusammen. Diese Übersicht erklärt die Begriffe und die grundlegenden Zusammenhänge.

Die Industrie steht vor einem Paradigmenwechsel. Fußen Wertschöpfungsketten in der Produktion heute vorwiegend auf bilateralen Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen, müssen Unternehmen künftig in Netzwerken multilateral zusammenarbeiten. Nur so lassen sich die gesellschaftlichen und branchenspezischen Herausforderungen angehen, zu denen der Aufbau einer CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft ebenso gehört wie die effiziente Rückverfolgbarkeit von Vorprodukten in der Lieferkette oder die modulare Produktion, mit der sich schnell auf fluktuierende Nachfragen oder ausbleibende Lieferungen reagieren lässt.

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01.04.2023 | Titelthema

Digitale Transformation dank harmonisiertem Datenaustausch

Interoperabilität und der einfache Austausch maschinenbezogener Daten werden im aktuellen Umfeld der Industrie immer wichtiger. Der VDMA trägt mit seinen harmonisierten Aktivitäten zu OPC UA und Interoperabilität dazu bei, die digitale Transformation zu ermöglichen.

Geschäfte unter multilateral kooperierenden Unternehmen setzen einen transparenten und integrierten Datenfluss zwischen Maschinen, Fabriken und Unternehmen voraus. Damit das zugrundeliegende Datenökosystem hierfür funktioniert, müssen Cloud Computing, Datenräume und Kommunikationsstandards ineinandergreifen.

Cloud Computing und Gaia-X

Per Cloud Computing können Anwender über das Internet unterschiedliche Services nutzen, zum Beispiel Datenbanken oder Programme (Software-as-a-Service, SaaS), Programmierungs- und Laufzeitumgebungen (Plattform-as-a-Service, PaaS) oder Rechner- oder Speicherkapazität (Infrastructure-as-a-Service, IaaS). Die Cloud besteht dabei wie ein lokaler Computer oder Server aus Prozessorkernen, Arbeitsspeichern, Festplatten und Programmen. Der wesentliche Unterschied liegt einzig in der immensen Skalierbarkeit von Cloud Computern, wie Wolfgang Babel im Kapitel Feldbusse, Kommunikationsprotokolle, Bedienoberflächen, Hardware ASIC’s des Buchs Industrie 4.0, China 2025, IoT erläutert.

Vorreiter in diesem Bereich waren seit 2004 US-amerikanische Internetfirmen wie Amazon, Google und Yahoo. Seit 2020 entsteht zudem das europäische Cloud-Ökosystem Gaia-X. Damit soll sichergestellt werden, dass europäische Unternehmen ihre Industriedaten in Europa und gemäß europäischen Datenschutzstandards verarbeiten, teilen und speichern können. Anwender sollen dabei souverän über den Umgang mit ihren Daten bestimmen können, unter anderem mithilfe von speziellen Funktionalitäten zum Identitäts- und Vertrauensmanagement sowie Compliance-Diensten. Hubert Tardieu vertieft die Hintergründe zum Thema im Kapitel Role of Gaia-X in the European Data Space Ecosystem des Buchs Designing Data Spaces.

Datenräume und Manufacturing-X

Cloud-Ökosysteme bilden die Basis, auf der sich branchen- oder anwendungsspezifisch zugeschnittene Datenräumen definieren lassen. In jeweils eigenen Datenräumen können dann beispielsweise Akteure aus der Luftfahrt, dem Automobilbau, dem Gesundheitssektor oder dem Maschinenbau Daten speichern, verarbeiten oder teilen.

Im Manufacturing-X genannten Datenraum sollen künftig Akteure aus dem produzierenden Gewerbe und der Industrie 4.0 in Deutschland und Europa zusammenarbeiten können. In seiner Architektur spiegelt Manufacturing-X dabei die geschäftlichen, rechtlichen und technischen Grundlagen für die Zusammenarbeit in der Branche wieder ­– in Form von Frameworks, Routinen, Standards und Richtlinien.

Leuchtturmprojekte sollen Manufacturing-X dabei in verschiedenen Industrien zum Durchbruch verhelfen, zum Beispiel in der Lebensmittelbranche, der Chemie oder Fabrikausrüsterindustrie. Vorbild ist dabei das bereits gestartete Leuchtturmprojekt Catena-X, das die Lieferketten innerhalb der Automobilindustrie digital vernetzt.  

Verwaltungsschale

Anlagen, Maschinen, Komponenten oder Software, die sogenannten Assets, werden im Datenraum durch Verwaltungsschalen repräsentiert. Eine Verwaltungsschale enthält dabei alle Daten über die Entstehung, Eigenschaften und den Lebenszyklus eines Produkts in einer standardisierten, maschinenlesbaren Struktur, wie Benedikt Rauscher vom Unternehmen Pepperl+Fuchs im Interview erläutert.

Die Werkzeuge in einer Fabrik können die Informationen aus der Verwaltungsschale nicht nur auslesen, sondern auch eigene Einträge erstellen. Dabei ist genau festgelegt, wie die Datei aufzubauen ist. Oft wird die Verwaltungsschale synonym zum Begriff Digitaler Zwilling verwendet, wenngleich es sich bei der Verwaltungsschale genau genommen um die Laufzeitumgebung des digitalen Zwillings handelt, wie Jürgen Roßmann und Michael Schluse im Kapitel Experimentierbare Digitale Zwillinge im Lebenszyklus technischer Systeme erläutern. Die Kombination eines materiellen Assets, beispielsweise einer Maschine, und seiner Verwaltungsschale bezeichnet man als Cyber-physisches System (CPS).

Kommunikationsschnittstellen und OPC UA

Damit Daten horizontal über Assets unterschiedlicher Hersteller sowie vertikal über die Ebenen der Fabrikautomatisierung bis hin zur Cloud übertragen werden können, bedarf es eines gemeinsamen Schnittstellenstandards. Als internationaler Standard für die Kommunikation gilt OPC UA. Im Beitrag Digitale Transformation dank harmonisiertem Datenaustausch in der maschinenbau 2/23 schreibt Andreas Faath: "Mit der Festlegung auf OPC UA hat der VDMA einen Wegweiser gesetzt. Maschinen und Anlagen können in einer einheitlichen Sprache miteinander kommunizieren. Das ist die Basis für das Versprechen Plug and Work."

OPC UA bietet neben einer sicheren Kommunikationsarchitektur auch die Möglichkeit, standardisierte Informationsmodelle aufzubauen – wie sie beispielsweise für die Verwaltungsschale genutzt werden. Schnittstelleninhalte, die branchenübergreifend gebraucht werden – beispielsweise die Identifikation oder der Status einer Maschine – hat der VDMA dabei unter dem Namen OPC UA for Machinery als Basisspezifikation festgehalten.

Unter dem Dach des VDMA arbeiten zudem über 600 Unternehmen in rund 40 Arbeitsgruppen daran, OPC UA-basierte Informationsmodelle zu entwickeln, die auf einzelne Domänen des Maschinenbaus zugeschnitten sind, beispielsweise auf Lasersysteme, auf die additive Fertigung, auf Werkzeugmaschinen oder die Bildverarbeitung. Anwender können dann diese branchenspezifischen Companion Specifications je nach Bedarf mit Elementen des Basisspezifikation OPC UA for Machinery kombinieren, um so ihre Assets für das digitale Ökosystem der Industrie 4.0 anschlussfähig zu machen.

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